Kamelobooks:Ölkrise/00000010: Unterschied zwischen den Versionen

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Version vom 26. November 2007, 01:39 Uhr


Kapitel 00000010

Vor dem riesigen Organigramm der Unternehmensstruktur Zentralpyramide (Hauptfirma mit ihren Niederlassungen, Tochterfirmen, zwangseinverleibten Großkonzernen und diversen Kartellen) saß Kamelopatra in ihrem Chefsessel und schnaufte vor Wut. Nicht, dass das etwas besonderes gewesen wäre, hatte sie doch, wie alle Kameltreiberinnen einen immensen Menstruationszyklus von 2 Wochen und ungefähr genau so häufig PMS. Aber heute hatte ihr Zorn ganz unhormonelle Gründe: Die Vorbereitungen zum dreitausendjährigen Jubiläum des Unternehmens wurden in der oberen Etage seit 2 Jahren vorbereitet und mal wieder hatte Kamelopatra das Gefühl, von einer Zusammenrottung aus lauter Volltrotteln umgeben zu sein. Das lag wahrscheinlich daran, dass die selbstauferlegte Hauptaufgabe der Manager eher darin bestand, Intrigen zu schmiegen, um auf der Karriereleiter hochzuhopsen und diesen Weg anderen zu verbauen. So saß die Chefin gerade über der Aufgabe die Jubiläumsfestschrift über die Geschichte des Konzerns, die Geschichte eines Haufens hinterhältiger Idioten, zu überarbeiten.

Kamelopatra seufzte und trat zu ihrem Fenster. Es war eines der älteren Fenster, die sich öffnen liessen. Sie öffnete es und sah hinaus. Sie sah das typisch ägyptische Gedränge. Dann sah sie etwas anderes: Fern ab von allem Gedränge stand eine blau gekleidete Gestalt. Irgendetwas an dieser Gestalt kam ihr seltsam vor. Und dann verschwand die Gestalt in einem Loch im Boden. „Seltsam, seltsam …“, dachte Kamelopatra, „Wer könnte das nur gewesen sein?“ Es klopfte an ihrer Tür. Sie öffnete und sah einen breitschultrigen Mann, der ein schwarzes Jackett trug. „Ich bin …“ „Lassen Sie mich raten!“, sagte Kamelopatra mit einem Lächeln auf den Lippen, „Sie sind Manager Kamelius von der Waffenabteilung.“ „Nein, ich bin Manager Markamel von der Öl-Abteilung!“ „Ah, wusst ich's doch. Was haben Sie mir zu erzählen?“ „Na ja … Wir haben herausgefunden, dass ein schwerreicher Geschäftsmann fast das ganze noch vorhandene Öl kontrolliert. Sein Name ist Derneteman Vonebenan. Mehr wissen wir leider nicht.“ „Ach, das reicht mir vollkommen. Wir können das ja morgen bei einer Tasse Tee besprechen.“ „Aber gerne!“ Kamelopatra schloss lächelnd die Tür. Dann schrie sie so laut, dass der Manager es gerade knapp nicht hören konnte: „Nichtsnutziger Versager!“ Nachdem sie so ihrem Ärger Luft gemacht hatte, beruhigte sie sich und sagte selbstzufrieden: „Aber er wird dich sicher nicht umbringen.“ Doch jetzt musste sie wirklich weiterarbeiten. Sie wandte sich wieder der Geschichte des Konzerns zu.

Angefangen hatte es mit einer Ich-AG in der Bronzezeit (noch immer behielt der Konzern Rechte für des Rad, den Faustkeil und Originalbaupläne von Stonehenge), doch der Aufgabenbereich und die Mitarbeiterzahlen vergrößerten sich exponentiell. Bereits zur Gründung Roms hatte man die Hauptaufgabe des Konzerns nicht mehr feststellen können, er machte einfach alles. Genauso unüberschaubar war die Unternehmenshierarchie. Oben stand der GROßE CHEF, dann kamen die GrOßEn MaNaGeR, dann die KleIneRen, die Manager Der Zwangseinverleibten Großkonzerne usw. … Chef wurde immer einer der Manager, nachdem der Vorgänger auf dem Sterbebett einen dazu erwählt hatte (selten) oder eines Morgens in der Sahara (öfters) oder zwischen Nilkrokodilen (häufig) erwacht war. Von allen Ex-Chefs war nur Tu-Ench-Amun am Leben geblieben, und auch das nur, weil er schon so alt und verwest gewesen war, dass ihn niemand mehr anfassen mochte.

Kamelopatra war in den letzten 500 Jahren die erste gewesen, die es ohne Gewalt in den Chefsessel geschafft hatte. Das machte ihre Position aber auch nicht angenehmer. Psychisch, denn die Manager trachteten ihr trotzdem nach dem Leben, und physisch, denn sie war auch die erste Frau hier und seit 3000 Jahren fertigte so ein Sauhaufen ergonomisch geformte Chefsessel – für Männerhintern.

So unbequem sitzend sann sie gerade über die grossen Fehlleistungen des Konzerns nach (z.B. die Anwerbung von Gastarbeitern aus Israel, das hatte vor Tausenden von Jahren einen Millionenschaden und eine Heuschreckenplage verursacht, oder den Turmbau von Babel, der Millionen gekostet hatte und dann von irgendeinem erzürnten Gott zerstört worden war). Sie wollte schon wieder schnaufen – da wurde ein Bild vom Korridor auf ihre Schreibtischunterlage projiziert. Auf dem Bild irrte ein kleiner Angestellter durch die Flure – jemand war auf der Suche nach ihrem Büro. Wahrscheinlich wieder einer der unzähligen Nichtsnutze, die um Lohnerhöhung fürs Tankgeld bitten wollten.

Diese kleinen Angestellten waren ziemlich lästig, andererseits brauchte sie aber auch diese Kontakte, denn nur so bekam sie halbwegs einen Eindruck davon, was denn nun wirklich im Unternehmen ablief. Die offiziellen Informationskanäle waren viel zu unzuverlässig, da jeder ihrer direkten und nicht ganz so direkten Untergebenen die weitergegebene Information darauf prüfte, filterte und gegebenenfalls auch daran anpasste, welche Aufstiegschancen sich für ihn dadurch ergaben. Bei den direkten Untergebenen war es vor allem das Bestreben, sie durch Falschinformationen dazu zu bewegen, irgeneinen so offensichtlichen Fehler zu machen, dass sie von sich aus zurücktreten müsste, falls die klassische Methode der Beseitigung nicht klappte. Nicht, dass sie sich irgendetwas vorstellen könnte, weswegen sie zurücktreten müsste – selbst die damalige Fehlentscheidung, die jährliche Nilüberschwemmung so stark zu verstärken, dass die gesamte Erde überflutet wurde, hatte damals keinerlei Konsequenzen für die Führungsspitze gehabt (man hatte sie einfach diesem israelischen Gott in die Schuhe geschoben), und seither hatte jeder Chef die Machtstellung seines Postens noch mehr ausgebaut, wobei sie selbst keine Ausnahme war. Aber die Untergebenen hatten offenbar dennoch die Hoffnung noch nicht aufgegeben. Nun ja, solange sie darüber nachdachten, hatten sie etwas weniger Zeit, Pläne für ihre physische Beseitigung zu machen. Außerdem war die Information, die sie auf diese Weise hätte erhalten können, sowieso schon genug verdreht, denn dasselbe Spielchen wurde natürlich auf jeder Ebene gespielt, so dass verglichen mit den offiziellen Informationskanälen selbst Stille Post wie ein äußerst verlässliches Kommunikationsmodell erschien.

Und deshalb brauchte sie den Kontakt zu den kleinen Angestellten, denn diese waren so weit von der Konzernspitze entfernt, dass sie sich keine Hoffnungen machen konnten, durch gezielte Fehlinformation diese direkt zu erreichen. Zumal sie das System meist nicht durchschauten und deshalb annahmen, sie müsse ohnehin bereits bestens informiert sein. In Wahrheit horchte sie diese Angestellten aus, ohne dass diese es merkten. Stattdessen gaukelte sie jedem einzelnen von ihnen vor, eine spezielle Beziehung zu ihm zu haben. Außerdem sorgte sie durch gelegentliche Genehmigungen wohldosierter Gehaltserhöhungen dafür, dass sie immer wieder zu ihr kamen.

Jetzt allerdings kam ihr der Besuch nicht gelegen, denn sie hatte ja mit der Festschrift und den Vorbereitungen der Feierlichkeiten genug zu tun. Ein kurzer Blick auf den Lokalisator beruhigte sie jedoch: Dieser Angestellte war noch weit genug weg, dass er sie nicht zu bald stören würde.


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