Generalamnesie

Die Generalamnesie ist eine bevölkerungs-psychologische Maßnahme.

Generalamnesie im Geschichtlichen Kontinuum

Die Generalamnesie dient der Aufrechterhaltung bzw. Wiederherstellung der politischen Konstante, genauer gesagt: des Apodiktums "Früher war alles besser", in der Volksmeinung. In der witzenschaftlichen Terminologie wird dies auch der Erste Historische Hauptsatz des Sokameltes genannt. Vgl. dazu Sokameltes:

"Die Jugend von heute liebt den Luxus, hat schlechte Manieren und verachtet die Autorität. 
Sie widersprechen ihren Eltern, legen die Beine übereinander und tyrannisieren ihre Lehrer." 

Das hätte es damals natürlich nicht gegeben!

Generalamnesie aus Psychologischer Sicht

Psychologisch gesehen handelt es sich bei der Generalamnesie um eine kollektive Strategie der Angst-Bewältigung. (Für eine individuelle Angstbewältigungsstrategie [] Kapierschutz.)

Die Angst vor den Geistern der Vergangenheit wird dabei sublimiert zur oben formulierten, von Sokameltes aufgeblasenen (also gasförmigen) Idee des Ersten Historischen Hauptsatzes. Dieser Sublimationsprozess der Ideologisierung geht mit einem starken und (möglichst) dauerhaften Vergessen (Obliteration) einher. Eine Re-Sublimation zu starrem, eiseskaltem Angstschweiß (der sogenannten Angststarre) wird dadurch verhindert. Das Subjekt bleibt handlungsfähig, eine ressourcenverschlingende Reflektion des Ist-Zustands wird erfolgreich vermieden.

Statt die Möglichkeit einer Wiederholung der Geschichte als Bedrohung empfinden zu können, entwickeln die Amnesianten den Ersten Historischen Hauptsatz losgelöst von der schnöden Realität weiter zum Zweiten Historischen Hauptsatz: "Morgen wird alles besser!". Das ist natürlich ein Paradoxon, denn wenn alles immer besser würde, könnte es früher nicht schon besser gewesen sein.

Allerdings wird dieses Paradoxon im Dritten Historischen Hauptsatz aufgelöst: "Wir leben (heute) in der schlechtesten aller Welten." Dies ist ein Gedanke mit dem sich sowohl Konservative als auch Fortschrittliche anfreunden können.

Letztlich wirkt die Generalamnesie also, indem sie die Illusion dieser Hauptsätze herbeiführt, Gemeinschaft stiftend, weswegen sie sich zu einer allseits beliebten Welt-Bewältigungs-Strategie entwickelt hat.

Generalamnesie als Herrschaftsinstrument

In der Geschichte hat es zahlreiche Beispiele für Generalamnesien gegeben. Diese dienten der Herrschaft in unterschiedlichen Zeitaltern sowohl zur Beruhigung und Befriedung der Bevölkerung, als auch zu Zwecken der Public Relations sowie der Propagandaführung in Wahlkampf und Werbung. Bösonders gelungene Kampagnen der Generalamnesie waren:

• Die Antwort der USA auf die Indianer-Frage
• Lenins gestalterisch-kreativer Umgang mit dem fotografischen Andenken Trotzkis
• Die deutsche Ent-Nazifizierung
• Der Umgang mit der Stasi-Vergangenheit in der BRD

Treibende Kräfte

Im Militär haben sich vor allem die Generäle General Failure, General Error, General Manager und last but not least der alle anderen um ein weites überragende General Disclaimer für die (nach ihnen benannte) Generalamnesie stark gemacht.

Aus den weiter oben genannten psychologisch-soziologischen Gründen nimmt die Generalamnesie jedoch auch außerhalb von Regierungskreisen, einen in der Volksmeinung weitverbreitet hohen Stellenwert ein. Auf der organisatorischen Ebene hat sich hier insbesondere Amnesie International um die Generalamnesie verdient gemacht.

Literatur

George Ohrwell: 1984.

 Nicht zu verwechseln mit:  Steueramnesie