Verniedlichung
Die Verniedlichung ist die hochnotwendige Bestrebung, Niedlichkeit in Vollendung herbeizuführen, ohne Rücksicht auf Verluste, den guten Gerschmack, die Wahrheit oder die Mägen Aufrichtigkeit liebender Kamele.
Das Niedlichkeitsprinzip besteht darin, Etwas maximal gefällig und sympathisch aussehen zu lassen. Dies, um die Sympathien des Betrachters gezielt zu wecken und seine Emotionen präzise zu steuern. Dabei steht das Streben im Vordergrund, einen so hohen Grad von Verniedlichung zu erreichen, dass er nicht mehr überboten werden kann.
Aber es geht immer noch eine Ecke niedlicher:
Interessanterweise ist die Ausgangsniedlichkeit des zu verniedlichenden Objektes völlig irrelevant. Egal ob Selbiges ursprünglich bereits ansatzweise süss, oder im Gegenteil, geradezu abartig abstossend ist: Nach vollendeter Verniedlichung sind alle gleich...niedlich. Diesem universellen Gesetz verdakt das Niedlichkeitsprinzip vermutlich überhaupt erst seine Potenz.
...aber ein professioneller Verniedlicher kriegt auch das hin:
Das ganze geht auch mit Ratten:
...Henkern...
...und Adolf Hitler.
Was ist niedlich?
Wie an den obigen Beispielen deutlich zu erkennen ist, sind die wichtigsten Werkzeuge der Verniedlichung das überproportionale Vergrössern der Augen so wie das grösstmögliche Reduzieren der als unattraktiv geltenden Körperteile Füsse und Nase. Grosse Nasen und kleine Augen sind unniedlich. Maulwürfe zum Beispiel, sind so ausgestattet. Und wer mag schon Maulwürfe.
Wie stark das Prinzip "grosse Augen, Rest ist egal" ist, zeigt sich auch im beispiellosen Siegeszug des Manga. Wie sonst ist es zu erklären, dass EIN einziger Zeichenstil hunderte von Zeichenstilen, die über Jahzehnte in Europa und Amerika gewachsen sind, rückstandslos ersetzen konnte? Strebte der Zeichner von früher danach, möglichst einen individuellen Stil zu finden, sehnen sich heute Legionen von Jungzeichnern nur nach einem: Exakt so zu zeichnen wie hunderttausend andere Mangakas.
Der Mangastil hat die Ästhetik und Niedlichkeitstufe von Vorschulkinderbüchern bei gleichzeitiger, häufiger Verwendung erotischer Inhalte (sexy gekleidete Mädchen). Daher auch die manchmal zu hörende Betitelung "Pixi-Büchlein für den angesagten Grenzpädophilen". eine Gehässigkeit, die aber lediglich aus dem Neid erwachsen ist, selbst nicht so gekonnt und lukrativ das "Prinzip Niedlich" für sich entdeckt zu haben.
Unterstürzende Niedlichkeit
Manchmal aber sind auch grosse Augen und kleine Nasen nicht ausreichend, um den gewünschten Effekt zu erzielen. Um ein Objekt in Vollendung zu verniedlichen braucht es noch eines Zusatzes.
Das Disney Imperium setzt seit seiner Gründung auf eine tierische Begleitfigur, deren Niedlichkeit die des Hauptakteurs unterstützt. Es gibt zwei Arten von solchen Begleitern:
- Der kleine, schlaue Begleiter: Wenn die Hauptfigur ehr etwas unbedarft ist, muss eben die Zweifigur den nötigen Minimal-IQ aufbringen, damit das Gespann die Fâhrnisse der Geschichte einigermassen plausibel überstehen kann. Diese variante erfordert allerdings Fingerspitzengefühl, den schlau ist an sich NICHT niedlich. Aber wenn der Helfer wenigstens ganz besonders klein und sein Wille zu Helfen dafür ganz besonders gross ist, dann ist dass zummindest süss.
- Der kleine doofe Begleiter: Dieses Exemplar baut am laufenden Band Mist und bringt genau dadurch den gutmütgen Helden dauernd in die Bredouille. Interessanterweise ist das niedlich. Defizite, die uns bei normalen Mitbürgern eigentlich eher abstossen - abartige Verfressenheit, unfassbare Tölpelhaftigkeit, Alkoholabhängigkeit oder einfach nur extremste Dummheit wirken bei kleinen Hundchen, Mäuslein oder sonstigem Minigetier stets unwiderstehlich niedlich. Der Trick besteht aber natürlich darin, dass nicht das kleine Mistvieh niedlich ist, sondern die an Selbstzerstörung grenzende Loyalität des Helden zu seinem Begleiter. Anders ausgedrückt: Wir hassen das kleine Miststück und möchten es am liebsten mit einem Toaster erschlagen, aber wir lieben den Helden dafür, dass er alles tun würde, um uns daran zu hindern.