Bürgschaf

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Version vom 6. August 2006, 03:42 Uhr von Wutzofant (Diskussion | Beiträge) (→‎Textauszüge aus dem Schiller’schen Original:: Sehr eigenartiger Stil, aber unterhaltsam ;-) Vier Vor-Verse aus Erlkoenig plus ein wenig am Metrum herumgedoktert; Typographie)
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Das Bürgschaf

Das Bürgschaf, eine Ballöde von Friedrich Schiller (der mit der Locke, nicht der Andere) aus dem Jahr 1798, war damals so der Straßenfeger, daß selbst Napoleon mit einem Heer von 40.000 Schafen und ein paar dusseligen Männern nach Ägypten rumpelte, um den bösonders bösen Tyrannen aus dieser Geschichte nachzueifern.


Textauszüge aus dem Schiller’schen Original:

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Wer reitet so spät durch Nacht und Wind?
Es ist der Dämlich auf seinem Rind.
Er trägt ein Schaf auf seinem Arm –
er hält es sicher; es hält ihn warm.

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Dämlich, der tollpatschige Schafhirt, hatte dicke was ausgefressen und Tyrannus Rex, der König, hatte grad schon seine riesigen Patschhändchen um den Hals von Dämlich gelegt, um ihn mal ordentlich die Dummheit rauszuschütteln, da verfiel der dumme Hirt auf eine List und sprach:

Da geht dem König die Krone hoch als er sich ärgern muss

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Herr König, lasst mich gewähren;
in Kürze werd ich Dir Freuden beehren.
Ich lasse mein Schaf dir als Bürgen,
Es magst du –nicht mich dann!– erwürgen!
Da lächelt der König, die Aug' voller Lügen,
denkt nach und spricht dann nach kurzem Erwägen:
Drei Tage werd' ich mit dem Schaf mich vergnügen;
Und wenn du nicht da bist, so werd ich’s zersägen.
Statt deiner das Schaf soll an dem Tag verblassen,
doch du wirst dich darob für immer dann hassen.

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„So ein trotteliger König“, dachte sich Dämlich, und verdrückte sich so schnell er konnte. Wusste er von des Königs Vorliebe für kleine Schäferstunden, so –dachte er– hatte er sich geschickt aus der Affäre gezogen. Er schwang sich auf „Franz-Ferdinand“ –sein kleines Steckenpferdchen, welches er gegen das Rind, auf welchem er in die Stadt geritten war, eingetauscht hatte, wobei er noch dachte, er hätte dabei ein gutes Geschäft gemacht; ja, so dämlich war Dämlich!– und trampelte aus dem Schlosstor, was die Sohlen hergaben. Einzig das Schaf tat ihm leid, da selbst Dämlich kein Unmensch war. Doch was war das für ein Deal? Seinen eigenen Hals gegen drei Tage glückliches Schaf und danach Lammbraten? Dämlich hasste sich jetzt schon, doch es hielt ihn unterm laufen nicht auf, er wollte in die Kneipe ans Eck um „nachzudenken“ –wie alle vernünftigen Männer das nun mal so tun–, um sich das alles noch mal durch die Birne gehen zu lassen. Franz-Ferdinand versorgte er kurz im Stall des Wirtshauses und ging in die gute Stube …

Junker Dämlich mit seinem treuen Steckenpferd Franz-Ferdinand

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Am Tresen nun steht der jämmerliche Tor,
und kratzt sich ein bisschen verlegen am Ohr.
(Und denkt so bei sich) Hier in der Kneipe werd mich verkriechen,
Schafsbraten will ich denn gar nicht mehr riechen.
Und so weit kann ich heut’ gar nicht laufen,
hier bin ich, hier bleib ich, ich will mich besaufen.
Der Wirt reibt ein Glas sich an seinem dicken Bauch,
„He, Bursch, was du trinkst, kannst du zahlen auch?“
Dämlich denkt: Den lüg ich jetzt voll, das ist schon Wurst,
denn groß ist der Schmerz, doch größer der Durst.
„Herr Wirt, schenk mir ein den Saft von den Reben,
schenk ein für uns alle; lasst das Glas uns erheben!
Mein Ross band ich draus an, stolz und erhaben,
gib er mir eine Kammer und lass er mich laben.“

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Ja, und so kam es: der Wirt witterte ein Bombengeschäft, gab unserem Junker Dämlich die beste Kammer, kochte und umsorgte ihn, nur sein bestes Pferd bekam er nie zu Gesicht. Dämlich besoff sich, äh – nein – dachte nach. Er dachte solange nach und dachte nach und dachte nach und so vergingen flugs zwei, drei Tage und wie wir schon ahnen, kommt die böse Sache nun ins rollen …

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Das Schaf wurd vom König drei Tag lang beglückt,
Doch nun seine Todesstund schnell näherrückt.
Schon liegt es und quiekt es, hoch auf der Schlachtbánk,
vor ihm schon das Messer mit blut'gem Gestank.
Ein Tränchen – verstohlen der König wischt's weg.
Das Schäfchen, so nett war's, so freundlich und keck!
Doch kann er nichts versprechen
und schon bald darauf brechen:
Die Ehr’ ist zu halten
und grausam zu walten.
Jetzt gilt nur die Losung,
sein Gesicht nicht verlieren.
Trotz aller Liebkosung:
das Schaf muss krepieren!
Am König nagt Zweifel
und brennende Lust
Zum schwindenden Versmaß gesellt sich ein inhaltlicher Sprung,
und es reimt sich hier auch gar nicht.
Wie könnt’ er’s nur wagen, wie könnt’ er’s nur machen?
Das Schäflein erhalten und niemand wird lachen?
Man bräucht' flugs ein Wunder – wo ist nur, der sowas kann?
„Schniiiiieeef!“ – etwas mehr Haltung; du bist der König, Mann!

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Na ja, ein dusseliger Tyrann, ein bekloppter Wirt und ein vergesslicher Junker! Da haben wir ein schönes Gespann. Wie diese Geschichte wohl ausgeht? Aber so bekloppt war der Wirt gar nicht: Während Dämlich sich seinen Rausch…, äh – sich zurückgezogen hat – äh, also nicht dazu zurückgezogen hat, du Ferkel! – in seine Kammer, fand der Wirt das „stolze“ Ross seines ehrbaren Gastes, schnappte sich voller Wut die erste Flasche, die er zu greifen bekam, und rumpelte zu Dämlich, um mal ordentlich die Dummheit aus ihm rauszuschütteln! Dämlich erwachte von dem Gepolter auf der Treppe, stürzte aus dem Fenster, schnappte sich Franz-Ferdinand und lief, mit dem Wirt –der eine Flasche Wein in der Hand hochhielt– im Gespann erschrocken durch das Schlosstor in den Schlosshof, wo – wir erraten das schon – der König neben der Schlachtbank saß und sehnsüchtig auf ein Wunder hoffte …

Tyrannus quellen die Augen über als er Dämlich bemerkt

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Es blökt laut das Schaf als es Dämlich erblickt,
vom Stuhl springt der König, und ist sehr verzückt.
Der Junker stoppt voller Schreck, der Wirt stolpert bloß,
so dass der Wein fliegt bis in des Königs Schoß.
Freudig blitzen die Aug des Tyrannen,
jegliche Sorg ist sogleich von dannen.
So spricht er zum Volke: „Seht, was er bringt,
Freud’ hat er mir versprochen, dass es gelingt.
Ich dacht’ mir sogleich, das mein Herz mir zerspringt.
So soll er nun kommen an meiner Seite,
sodass er mein Schäfchen auf die Weide begleite.
Ihm sei verziehen, es ist so wahr wie es klingt.“
So spricht er zum Hirt: „So gewährt mir die Bitten,
ehelichen will ich das Schaf im Monat am Dritten.
So seid mir der Zeuge zur Ehe sogar,
und führt es zu mir an den Traualtar!“
So kommt es und groß sind die Feste,
drei Tage und Nächte tanzen und feiern für des Königs Beste.
Der König, sein Schaf und der Hirt,
nicht zu vergessen das hölzerne Ross und der Wirt.

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(Fachleute vermuten im Kern dieser Geschichte eine autobiografische Darstellung Schillers.)


Die Darsteller: König, Schaf, Dämlich, Wirt, treues Ross