Ich war noch niemals in New York
Meine Damen und Herren! Ich war noch niemals in New York. Wozu auch? Da wohnt eh keiner, den ich kenne.
Gut, wenn ich jetzt zum Bleistift einen Brieffreund in der Bronx hätte, dann könnte ich ihn ja mal besuchen, aber ich hab ja keinen. Weshalb auch? Dazu müsste ich ja erst mal Englisch lernen. Außerdem finde ich Schiffe zum Kotzen und der Eiffelturm ist dort so winzig, da geh ich doch lieber gleich nach Paris, da hat es schließlich auch eine Freiheitsstatue, für die wo sowas brauchen. Im übrigen soll es dort stinken und alles voller Autos sein. Das kann ich auch auf der Autobahn haben. Und nur weil irgend so ein Ententainer New York, New York singt, brauch ich noch lange nicht gleich dorthin gehen. Ich kauf mir ja auch nicht ein knallrotes Gummiboot oder 99 Luftballone. Wieso auch?
Moment, ich muss mal umblättern... Okay... Die meisten der ca. 6 Milliarden Erdenmenschen waren in ihrem Leben noch niemals in New York und haben auch weder irgendeine Veranlassung, noch die finanziellen Möglichkeiten dazu, dort hinzugurken. Sie können sich noch nichtmal etwas zu essen kaufen, weil wir sie ausbeuten und ihnen die Rohstoffe wegnehmen und unseren Müll aus dem gelben Sack zurückschicken, z.B. tote Katzen oder ausgelaufene Batterien. Auch sind die meisten New Yorker nicht freiwillig in New York, sondern weil sie im Sweat Shop so wenig verdienen, dass sie sich keine Fahrkarte kaufen können, um die Stadt zu verlassen. Aber das ist ja trivial, das wisst ihr ja schon alle.
Grundsätzlich möchte ich betonen, daß meine Einstellung zu Amerika nicht durch den Vietnamkrieg getrübt wurde, bzw. daß ich vom Vietnamkrieg überhaupt nichts mitbekommen habe und auch nichts vom Irakkrieg. Daher halte ich es noch immer für erstrebenswert, mit zerrissenen Jeans durch San Franzisko zu laufen. Theoretisch könnte ich mich ja heute abend noch in einen Flieger setzen, ich müßte irgendwo noch ein paar Eurocheques... Hat mir doch der verdammte Pflegedienst meine Brieftasche gestohlen? ... Puh, ein Glück, sie war in der anderen Manteltasche.
Auf meine Frau und meine Kinder brauch ich ja jetzt keine Rücksicht mehr zu nehmen, die sind ja schon seit Jahrenden tot! Nicht daß ich sie umgebracht hätte, ich wollte sie ja oft verlassen, aber doch niemals umbringen. Sie saßen nur alle viel zu dicht an dem alten, morschen Telefunken-Fernseher, als gerade Dalli-Dalli lief. Plötzlich und unerwartet lachten sie sich über einen Witz tot, nachdem der Deutsche Witzeerklärbeamte dreimal erklärt hatte, wo die Stelle zum Lachen sei. Seitdem wohne ich ganz alleine in der versifften, alten Muchte.
Dumm-ti-dumm... Hier sehen Sie die Entwicklung der Kurtaxe in den Küstenstädten der USA. Wie Sie unschwer erkennen können, ist der Graph seit der Industrialisierung nur noch am Klettern. Ich müsste jetzt auf die Hebebühne steigen, um Ihnen zu zeigen, wie hoch der Graph noch steigen wird, aber das mach ich jetzt nicht, weil ich auch so schon cool bin und eh nicht nach New York will. Und wenn mein Alter mit seiner Tussi unbedingt dort hin will, der eigentlich schon seit Jahren tot ist, dann soll er doch, das kriegt er doch auch ohne mich auf die Reihe, oder? Schließlich sucht mich ja auch keiner, wenn ich mal einen kurzen Abstecher nach Sylt mache. Warum auch? Ist doch eh alles Pisse.
So, ich war noch niemals in New York und daran will ich auch nichts ändern. Und jetzt singe ich Ihnen zum Abschluss noch ein paar richtig alte Schlagerschinken vor:
- Lalala, lalalala! Lalala, lalalala... mit 66 Jahren zeig ich dir ... den Platz an der Sonnnnnneeee, lalalala!!!
- Lalala, lalalala! Lalala, lalalala... du kannst nicht immer 17 ... rote Lippen küssseeeen, lalalala!!!
Ich hoffe, ich habe Sie jetzt nicht zu sehr mit meinem Vortrag gelangweilt. Vielen dank für die Blumen!
Siehe besser: Volksmusik