Theodizeeprozess
Der Theodizeeprozess wird die letzte Verhandlung vor dem Jüngsten Gericht sein. Terminiert ist er auf den Mai nach der Apokalypse um halb drei, wenn die normalen armen Sünder bereits alle abgeurteilt und auf Himmel, Hölle und Fegefeuer verteilt sind. Angeklagter im Theodizeeprozess wird Gott selbst sein. Als Anklagepunkte sind nach derzeitigem Stand u.a. zu erwarten:
- Vertreibung der Kamelheit aus dem Paradies,
- Herbeiführung von Naturkatastrophen nach §§ 306ff. StGB wie dem Vulkanausbruch von Pompeji 79 n. Chr., dem Tsunami 2004 sowie der Geburt von Dieter Böhlen,
- Gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr nach §§ 315ff. StGB durch die Erschaffung von Niederschlägen, heimtückisch auf die Fahrbahn springender Alleebäume, berauschender Substanzen sowie Kamelstaus,
- Verletzung der Aufsichtspflicht nach § 832 BGB gegenüber Geschöpfen wie Kaiser Nero, Adolf Höckler oder George W. Bush,
- Diskriminierung nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) durch Erschaffung männlicher und weiblicher, großer und kleiner, dicker und dünner, schlauer und dämlicher Kamele,
- Umschmeißen mehrerer Säcke Reis in Kina unter Verletzung des § 17 der 2. Durchführungsverordnung zur Änderungsverordnung zur Verordnung über die anzustrebende Position von Feldfruchtbehältnissen,
- Neugliederung der Welt - Aufteilung in Aldi Nord und Aldi Süd.
Die öffentliche Anklage wird vom Advocatus diaboli vertreten, die Nebenklage von diversen Opfergruppen (Betroffenen) und Gutmenschenverbänden. Als Zeugen sind sämtliche Kamele geladen, die seit dem Eozän jemals den Huf in die Wüste gesetzt haben - ja, vielleicht sogar []; ihre Einvernahme soll nach grober Schätzung zwischen 2 und 10½ Ewigkeiten dauern. Wer auf dem Richterstuhl Platz nehmen wird, konnte trotz intensivster Nachfroschungen bis dato nicht eruiert werden.
Gott hat bereits angekündigt auf den ihm zustehenden Linksanwalt zu verzichten und sich selbst verteidigen zu wollen. Auf die Hauptverhandlung darf man gespannt sein: Teilweise wird erwartet, dass der Weltenschöpfer allerlei plausible Rechtsfertigungsgründe iSd §§ 32ff. StGB für seine Taten vorbringt. Vielfach wird aber auch spekuliert, dass er dem vieltausendfach anschwellenden Choral "Why, my Lord, oh tell me why ...?" ganz nonchalant ein lapidares "why not?" entgegensetzen wird. Nach Auffassung gewisser subversiver Theologen soll sich Gott im Übrigen jedenfalls auf den ihm vollständige Immunität gewährenden Grundsatz "In dubio pro deo" berufen können ...
Verfechter der Klage hoffen trotzdem, dass es zu einer positiven Urteil kommt in dem die Aufhebung der Apokalypse und die Verschiebung des Jüngsten Gerichts um weitere Äonen im Strafmaß enthalten ist. Weiter fordern diverse Gruppierungen unter anderem:
- die Generalrevision des Bibeltextes
- eine fristlose Verfügung zur Unterlassung jeglicher Art von Naturkatastrophen und ansteckenden Krankheiten, sowie Durchfall
- Auflösung des „Babylon-Protokolls“ zur sprachlichen Differenzierung verschiedener Kulturen
Weltweit grossen Zuspruch findet aber vor allem der letzte hier aufgeführte Punkt:
- Erlassung der Erbsünde und Rückführung der gesamten Kamelheit in das Paradies.
Ein Statement von Gott zu diesen Forderungen ist bisher noch ausstehend. Für weitere Fragen war Gott nicht erreichbar.
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