Klooglescheißen
Das Klooglescheißen ist ein zusammengesetztes Kunstwort, abgeleitet von „Googeln“ und „hinterher Klugscheißen“ (im Sinne von Besserwisserei). Mit Hilfe der Googlesuche, wird ein Sachverhalt nachgeschlagen und Gefundenes zum Besten gegeben. Der Klooglescheißer zeichnet sich durch Zurückhaltung aus, bis er sich per Google versichert hat, der Welt nun sein neu erworbenes Wissen preisgeben, ja aufdrängen zu können.
Hintergrund und Erläuterung: Klooglescheißen oder Besserwissen 2.0
Es gibt Leute, die wissen auf alles eine Antwort. Sie können auch alles ergänzen, nicht ohne dabei einen Korrekturvorschlag gleich mit zu liefern. Nicht etwa, dass sie diesen aus dem unergründlichen Schatz der eigenen Allgemeinbildung zu Tage fördern, nein: sie haben schnell mal gegoogelt. Mit dem Smartphone oder per PC während eines Telefonats.
Besserwisserei 2.0?
Googeln ist das neue Wissen – man schlägt eben schnell mal nach, wenn man es genau wissen will. So weit völlig in Ordnung, nicht umsonst ist die Seite seit Jahren die führende Quelle für die Suche nach nahezu allen und allem. Selbst bei 42 liefert die Seite „die richtige Antwort“, nämlich aus dem berühmten Buch von Douglas Adams, und zwar gleich auf Platz eins mit dem Wikipedia-Eintrag. Wer es also selbst nicht weiß, oder nicht genau, der kann sich eine Schlaumeierei flugs ergoogeln und damit eigenes Wissen vortäuschen, andere vorführen, sich weiterbilden oder…
Klooglescheißern
Und das geht so:
„And now to something completely different” – Fehler! Das heißt „And now FOR something completely different”, ok? Ach daher wieder diese verdächtige 30 Sekunden Chat- bzw. Googlepause beim Gegenüber. Es begibt sich auf dünnes Eis, wer nicht zunächst eine zweite Meinung einholt. Auf die eigene kann dann getrost verzichtet werden.
Heartlight? Was das denn??
Einst durften scharenweise Songtexte falsch gesungen werden (Oh oooh hard life!), heute wird der kleinste Fehler entdeckt und sofort abgemahnt: Nein nein nein, es heißt nicht „a killer in me is a killer in you“, es heißt „THE killer in me is THE killer in you“! Ob das wirklich stimmt? Steht so auf verschiedensten Seiten, sieh doch![1] Ich habe mir trotzdem das Lied nochmals angehört, um auf die ehrlichste Weise herauszufinden, ob dem so ist. Und ja, er singt wohl eher „the“ - welcome to hard life! Glücklicherweise wurde ich von einem erfahrenen Klooglescheißer eines Besseren belehrt und darf dieses Fettnäpfchen künftig links liegen lassen. So wird mir wohl weitere Schmach erspart bleiben…
Wer hat’s gefunden?
Freund Google. Nie war es einfacher an vermeintlich verlässliche Information zu gelangen. Früher hat man es gelesen, im Fernsehen gesehen oder zumindest davon gehört – irgendwo, von irgendwem. Man hatte vertretbares Halbwissen zu bestimmten Themen, manchmal auch Fundierteres. Und heute? Nichts dergleichen. Nicht mehr erforderlich. Man kann ja alles schnell mal recherchieren, aber bitte nicht im Brockhaus. Old school.
Am Besten erst mal ruhig sein, ein stilles Örtchen aufsuchen, googeln und dann damit glänzen: „Das war ganz anders, ich weiß das!“ (seit eben, Anm. d. Red.). Immer diese Klooglescheißerei!
„Horsche ma, das verhält sich so und so!“ Ach ja, jetzt plötzlich, das ist ja äußerst ausgekloogelt! Da wird verbessert und korrigiert, ja, wer googeln kann ist klar im Vorteil!
Aber bedienen wir uns eines Fremdwortes und sagen: Reflexion = „prüfendes vergleichendes Nachdenken, bes. über die eigenen Handlungen, Gedanken, Empfindungen.“ Definition per Wahrig[2] – Dem deutschen Wörterbuch (Dativ?)
Was sagt Google dazu? Neben dem Wikipedia-Eintrag ganz oben nicht viel reflektiertes. Ein prüfender, vergleichender Artikel zu diesem äußerst spannenden Thema?[3] Fehlanzeige!
Es wird wiedergegeben, was die bunte Welt des Internets bereit hält, ohne Reflexion. Die Wahrheit auf Knopfdruck. Das haben wir uns doch immer gewünscht!?
Am Stammtisch muss nicht länger diskutiert werden, einer wird schon ein Smartphone bereit haben, mit dem dann die Wahrheit just-in-time abgerufen werden kann, dem Himmel sei Dank! Wir loben und preisen, aber mahnen und erinnern zugleich.
Im Zweifel für den Zweifel
Was ist das für eine Diskussions- und Streitkultur, in der erst mal vorgefertigte topgelistete Beiträge zur eigenen Meinung und unumstößlichen Wahrheiten gemacht werden? Und sich jeder erst mal absichern und vergewissern muss, ob das was er sich so denkt auch der Rest der Internetgemeinde durch Millionen Klicks hat wahr werden lassen.
Es soll mittlerweile Leute geben, die googeln erst einmal, bevor sie Obst oder Gemüse schneiden. Warum nicht, da kann man auch so allerhand falsch machen… Mir hat mal ein professioneller Gurkenschäler erzählt, man dürfe sie nur in eine Richtung schälen, sonst wird sie bitter. Nachzuschauen, ob dem tatsächlich so ist, hab ich mir erspart, ich schäle Gurken nicht. Im Zweifel lasse ich sie schälen.
Kamelmerksatz: Bild dir deine Meinung, aber bitte nicht ohne zuvor zu googeln, denn Klooglescheißen will gelernt sein!
Einzelnachweise
[1] ↑ Googlewissen für a killer in me is a killer in you abgefragt 7. Sept. 2011
[2] ↑ Selbstreflexionen im höheren Lebensalter von Christine M. Augst, LIT Verlag Münster, S.4
[3] ↑ Googlewissen für Reflexion abgefragt 7. Sept. 2011