Edelreich von Seyffenwirth

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Edelreich von Seyffenwirth, 1793-1826

Ach wenn man doch nur dem Trumscheydte die ihm gebührliche Beachtung gewährte ...

Edelreich Wilhelm Hubertus Siegfried von Seyffenwirth (* 14.7.1793 in Recklinghausen, † 20.12.1826 ebenda) war ein deutscher Komponist der Romantik. Seine tragische Lebensgeschichte, die von der fanatischen Hinwidmung zum mittelalterlichen Trumscheit geprägt war, ist bis heute außerhalb der akademischen Expertenwelt weitgehend unbekannt. Dabei wäre es wert, dem "Gotte des Trumscheidt" (Zitat seines langjährigen und einzigen Schülers Abraham Flusenfort) eine weitaus größere Aufmerksamkeit zu widmen.

Frühe Jahre

Glück der Heimat. Glück, von einer solchen Mutter genährt worden zu sein!

So beschreibt Edelreich von Seyffenwirth in einem späteren Brief an seine Großnichte Gutlinde seine Kindheit. Aufgewachsen auf einem kleinen Bauerngute bei Recklinghausen, ist Seyffenwirth das siebte von 18 Kindern des Knechts (einem seit langen Generationen bettelarmen Landadel abstammend) und der Magd, jedoch der einzige Sohn der Familie. Seine Mutter Johanna bleibt ihm zeitlebens die wichtigste Identifikationsfigur. Sie ist es auch, die mit dem Vierjährigen an der Hand auf dem Heimweg vom Markte in Recklinghausen an der mittelalterlichen Sammlung des Grafen von Reckenhausen-Recklinghütten vorbeigeht, als Träger einen Trumscheit herausholen, um ihn zum Restaurateur zu bringen.

- Mutter, was ist nur jenes dort? - Sohn, ein Theyl von einem Galgen wohl! Schau' auf etwas anderes, auf jenen struppigen Hund dort in der Gosse!

So wird sich der Junge später an die Worte bei jener Begebenheit erinnern, die für ihn schicksalhaft wurde. Der Gedanke an jenes Instrument lässt ihn nicht los, vier Wochen lang kämpft seine Mutter zu jeder Stunde gegen sein Bitten an, dann spricht sie mit ihm beim Restaurateur vor, damit der kleine Edelreich einen neuerlichen Blick auf den Trumscheit werfen könne. Am gleichen Tage holt Edelreich einen großen Holzbalken aus der Scheune und schnitzt daraus ...

So, jetzt würgen wir das aber mal ab und machen mal nen ganz gewaltigen Sprung in diesem gräßlichen Lebenslaufruntergeheule

... weitgehend autodidaktisch lernende Komponist seine erstes Werk, den "Gesang an die geliebte Mutter", eine elegische Sonate für Trumscheit und Klavier. Um die gleiche Zeit herum muss auch die erste Begegnung mit Abraham Flusenfort stattgefunden haben, welcher mit seinen Eltern kurz zuvor nach Recklinghausen gezogen ist und die Quarta einer zwei Straßen vom heimatlichen Hofe Seyffenwirths gelegenen Schule besucht.

Nun beginnt die Hochzeit im Schaffen von Seyffenwirths. Innerhalb von acht Jahren entstehen 26 Sonaten für Trumscheit und Klavier, 13 Trumscheitquartette (unter Verwendung der von Seyffenwirth konstruierten Alt- und Soprantrumscheite), vier Konzerte für Trumscheit und Orchester, eine Sinfonia Concertante, sowie mehrere hundert Trumscheitetüden und Duette.

Verzweifelt sucht der Künstler nach Anerkennung für sich selbst und sucht den Trumscheit wieder fest im Musikbetrieb seiner Zeit zu etablieren. Im Tagebuch notiert er geflissentlich jedes einzelne Schreiben, doch auch das verzweifelte Warten auf Antwort: Nun sind viele Briefe schon ein halbes Jahr unterwegs, und noch immer nichts erfahren - gewiss sind sie unterwegs verloren gegangen. Ich suche Muttern auf - ob sie mir Trost verschafft?

Von 27 Briefen allein an Ludwig van Beethoven gibt es keine Spur. Von Goethe (14 Schreiben laut Tagebuch) hingegen sind durch einen Besucher einige geharnischte Worte an seinen Diener überliefert, die sich vermutlich auf ein Schreiben Seyffenwirths beziehen: "Den nächsten Brief von diesem Dummscheit wirf' gefälligst gleich in den Kamin, ohne mich mit solchem Unfug zu belästigen!"

Einen Höhepunkt im Schaffen von Seyffenwirths stellt seine einzige Oper dar, der Dreiakter "Sturmius und Eleonora". Die Handlung ähnelt in vielen Elementen der tragischen Geschichte von Romeo und Julia. Jedoch ist ein zentrales Handlungslement das leidenschaftliche Trumscheitspiel der beiden Hauptfiguren, die, da ihnen jede Begegnung von Angesicht zu Angesicht verwehrt bleibt, durch das Spiel der Trumscheits geheime Botschaften austauschen. Die beiden wohl bedeutendsten Arien werden von Eleonore gesungen: Oh lieblich Streichen, Holz, Dein Klang! sowie die Todesarie Dir und dem Trumscheit widme ich die allerletzte Stunde.

Niedergang und Lebensende

Unfähig, länger als eine Stunde einer anderen Tätigkeit als der Musik nachzugehen, ist Seyffenwirth auf Almosen seiner Geschwister angewiesen. In lumpigen Kleider versucht er sich, alleine oder gemeinsam mit Flusenfort, als Straßenmusiker, doch wirft fast niemand Münzen in seinen Kasten. Bis auf die Etüden und Duette gelangt keines seiner Werke jemals zur Aufführung. Nebenbei bemerkt ist das auch kein Wunder, denn alle seine Werke klangen einfach schauerlich, der Mann hatte leider nicht die geringste Ahnung von Harmonielehre.

Die Verzweiflung ist nun ein wesentliches Element seiner Tagebucheinträge. "Wie kann es nur sein, dass alle Menschen tagein, tagaus nur an Arbeit und ans Vergnügen, nicht jedoch an das Trumscheit denken?", lautet sein Eintrag vom 23. September 1823. Vier Monate später strebt sein Lebenslauf dem Ziel wohl jedes Komponisten der romantischen Epoche entgegen. Er wird in die Nervenheilanstalt in Bochum verbracht. Die Ärzte diagnostizieren eine schwere Störung des Gemüts und stecken ihn in eine Einzelzelle.

Von nun an gibt es nur noch wenige Aufzeichnungen. In einem erhaltenen Dokument wird festgehalten, dass der Seyffenwirth nun permanent auf dem Boden wird schlafen müssen, da er aus seiner Schlafstätte ein merkwürdiges Instrument zu fertigen versuchte. Dem Wahnsinn endgültig zum Opfer gefallen, stirbt Seyffenwirth nach drei Jahren der völligen Isolation an den Folgen eines Darmverschlusses.

Ein letzter musikalischer Gruß auf dem Trumscheit durch Flusenfort wird durch Gewaltdrohungen der wenigen zur Beerdigung gekommenen Familienangehörigen verhindert.

Zitate

- Man kann wohl mit Recht behaupten, dass, was ein Quandt der Flöte, Beethoven dem Klavier, ein Weber der Klarinette gewesen, ein Seyffenwirth für das Trumscheidt war (Abraham Flusenfort)

- Na endlich (Johanna von Seyffenwirth angesichts der Todesnachricht)

- Möge selbst ihm, der uns allen stets als eine Last begegnete, die ewige Ruhe zu Teil werden (Aus der Beerdigungspredigt des Pastors Werner Scheuenbonck)

- Mehr Gicht. (Angeblich des Meisters letzte Worte)