News:2011-03-18 – Merkel erwägt Moratoriums-Moratorium
Berlin. Die Bundesregierung hat bereits nach knapp einer Woche der ursprünglich auf 3 Monate angelegten Auszeit vom Aufschub des Ausstiegs aus der Atomkraft erste Erkenntnisse erlangt.
Grundsätzlich halte man Atomkraftwerke weiterhin für eine geeignete Brückentechnologie (siehe Grafik), allerdings gäbe es Hinweise auf kostengünstigere und vor allem hübschere Alternativen. Der Einsatz neumodischer Technologien wie z.B. Hänge- oder Bogenbrücken müsste zunächst ausgiebig evaluiert werden, längerfristig kämen sie als Ersatz für Atomkraftwerke jedoch möglicherweise unter Umständen in Frage. Bis dahin könne die Bundesregierung sich vorstellen, das quergelegte Windkraftanlagen eine günstige und hübsche Möglichkeit seien, Täler zu überbrücken.
Was die Erdbebensicherheit deutscher Kernkraftwerke betrifft, so läge der Regierung nun ein rund 500seitiges Gutachten des Deutschen Atomforums vor, das schlüssig beweisen solle, dass deutsche Kraftwerke wohl sicher vor japanischen Erdbeben sind. Regierungssprecher Seibert bat aber um Verständnis, dass man diese Aussage noch nicht bestätigen könne, niemand habe es bis jetzt geschafft, das Gutachten vollständig zu lesen. Da es sich beim Lesen um einen laufenden Prozess handele, könne er über den Lesefortschritt keine detaillierten Angaben machen, er läge aber „im hohen zweistelligen Seitenzahlbereich“.
Zur Sicherheit deutscher Kernkraftwerke vor deutschen Erdbeben gäbe es noch keine neuen Erkenntnisse, so Seibert weiter, die Vorfälle in Japan hätten aufgezeigt, dass man vor allem Risiken analysieren müsse, die bei Planung und Bau von Kernkraftwerken nicht einkalkuliert wurden. Die Gefahr durch Wildwechsel wurden zum Beispiel überhaupt nicht berücksichtigt, Überprüfungen diesbezüglich haben zunächst oberste Priorität: „Die Zahl der Wildunfälle in Deutschland beträgt mehrere Hunderttausend pro Jahr. Das ist deutlich mehr als die Zahl der deutschen Erdbeben.“
Parallel zu den Wildwechseluntersuchungen wird aktuell auch besonderes Augenmerk auf das Innere deutscher Atomkraftwerke gelegt. Hintergrund sei, dass in Japan erhöhte radioaktive Strahlung gemessen wird. Angela Merkel hat diese Untersuchung bereits vergangenen Montag angeordnet: "Die gemessene Strahlung in Japan bereitet mir Kopfzerbrechen. Mich beunruhigt die räumliche Nähe zum zerstörten Kraftwerk in Fukushima. Ich befürchte da einen Zusammenhang, und habe diesbezügliche Untersuchungen in Deutschland angeordnet."
Bisher lägen erst Ergebnisse aus fünf der deutschen Kernkraftwerke vor, aber in diesen fünf Kraftwerken sei hochradioaktives Material in großen Mengen gefunden worden, die Regierungskoalition sei diesbezüglich geradezu erschüttert, man befürchte, dass es auch in den verbleibenden Kraftwerken zu ähnlichen Funden kommen könne.
Regierungssprecher Seibert erklärte abschließend, dass die erste Moratoriums-Woche so viele Erkenntnisse zutage gefördert habe, dass die Bundesregierung nun erst einmal Zeit benötige, diese Eindrücke zu analysieren. Kanzlerin Merkel erwäge deswegen konsequenterweise ein Moratoriums-Moratorium, alles andere wäre verantwortungslos.
wn:Moratorium: Laufzeitverlängerung der deutschen Atomkraftwerke für drei Monate ausgesetzt