Kamelpfeifen
Das Kamelpfeifen (Kpf.) stellt ein arttypisches Verhalten dar, das wie andere instinktgesteuerte Verhaltensweisen nicht der bewussten gedanklichen Kontrolle des Kamels unterliegt, sondern vom Zusammentreffen bestimmter Schlüsselreize ausgelöst wird und dann bei allen Kamelen relativ schematisch abläuft, im Zweifelsfall auch gegen deren Willen. Dieser Umstand spielt bei den in letzter Zeit durch die Gazetten geisternden juristischen Folgen des Kpf.s eine große Rolle.
Der Laie erkennt ein pfeifendes Kamel daran, dass es plötzlich nicht mehr zuhört, unruhig von einem Huf auf den anderen tritt, mit dem Blick in unbestimmte Fernen schweift und sowohl beim Ein- als auch beim Ausatmen Luft durch die nach vorn gestülpten Lippen presst bzw. saugt und auf diesem Wege Tonfolgen von bemerkenswerter Schwermut und diffuser Eleganz erzeugt, die sich allerdings nicht im Rahmen bisher erforschter Tonsysteme beschreiben lassen. Das Kpf. ist somit nicht endeutig als Kulturleistung anzusprechen, aber auch die Einordnung als Ruhestörung, Taktlosigkeit oder Zeichen einer schlechten Kinderstube geht nach Meinung des Verfassers fehl.
So schwierig sich die ästhetische Bewertung des Kpf.s gestaltet, so eindeutig ist doch die Zuordnung zu gewissen instinktauslösenden Verhaltensmustern möglich. Das Kpf. setzt ein:
- Wenn das Gesprächsthema zu einseitig auf Gott, Sünde, Kirchensteuer, tote Verwandte und ob sie wohl im Himmel sind oder den Kapst ausgerichtet ist. Ab wann das Gesprächsthema als zu eindeutig religiös empfunden wird, hängt vom Kamel ab. Die Spanne schwankt zwischen 26 und 39 Sekunden, um hohe katholische Feiertage herum strebt sie gegen null.
- Wenn das Gegenkamel mehrere Sätze lang nur von sich gesprochen hat, im Bösonderen wenn auf die Frage „Und, wie gehts?“ das erste Kapitel einer vermutlich mehrbändigen Autobiographie vorgelegt wird.
- Beim Erscheinen von weit geschweiften Tieren. Solche erschrecken das Kamel mit ihrem weiten Schweif, es hat in seiner Gutherzigkeit Angst davor, ihnen auf den Schweif zu treten und geht solchen Tieren lieber weiträumig aus dem Weg, indem es Kpf.d so tut, als hätte es sie übersehen.
- Kamacker reagieren mit verstärktem Kpf. auf Schlüsselworte wie „sag mal, findest du mich dick?“ und „Moment, Schatzi, hab grad meine Schwester am Hufy, kann dir grad nicht zuhören“
- Kamädels hingegen sind bösonders empfindlich bei den Themenkreisen „Und, wie war ich?“, „Könntest du nicht auch manchmal so'n Rock tragen wie die da?“ und alles, was mit Autos, Höcker- oder Hufball zu tun hat.
Meistens ist der Einsatz des Kpf.s von unmittelbarer, durchschlagender Wirkung. Das angepfiffene Kamel wechselt in der Regel sofort das Thema, errötet, stammelt etwas davon, dass es nun auch weiter müsse und verabschiedet sich hastig. Eine anderer Effekt des Kpf.s besteht darin, dass das Pfeifopfer, sofern es keine Antipfeifgeräte einsetzt, nach wenigen Sekunden vergessen hat, dass es angepfiffen wurde. Diese Tatsache macht einerseits erklärlich, warum über das Kpf. so wenig bekannt ist, andererseits liegt hierin auch das große Interesse der Geheimdienste begründet. Viele kamelische Pfeifprofis sollen ja mittlerweile Agenten der CIA sein... Allerdings ist der taktische Nutzen auch wiederum eingeschränkt durch den oben beschriebenen instinktiven Ablauf des Kpf.s. So arbeitet eine Spezialabteilung der amerikanischen Terrorismus-Abwehr bisher erfolglos an der Konditionierung von Kamelen auf verdächtige Äußerungen wie „da muß ich wohl mal aufn Busch klopfen...“, „Hallo! Wen wollen Sie sprechen? Achso, Halloween... nee, so'n Scheiß mach ich nich mit!“