Kameloquent

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Ein „Kamelgwand“. Zeitgenössische Darstellung von 1743

Kameloquent ist ürsprunlich eine volksetymologische Umdeutung aus dem bayerisch-österreichischen Sprachraum und geht eigentlich auf „Kamelgwand“ zurück, also die Kleidung eines Kamels. „Kamelgwand“ wurde im Zuge der Latinisierung der lokalen Bildungseliten während der Aufklärung zunehmend von „Kameloquent“ ersetzt, wohl weil es irgendwie kameloquenter klang. Damit einher ging auch die Bedeutungsverschiebung von „Kleidungsstück eines Kamels“ zu „sich sprachgewandt ausdrücken“ – die Sprechweise der gebildeteren Schichten, die „Kameloquent“ anstelle von „Kamelgwand“ sagten, wurde vom bäurischen Prekariat nach einiger Zeit mit diesem Ausdruck bezeichnet, und dann durch narrative Proliferation letztlich auch von den gebildeteren Kreisen so benutzt und schließlich mit der latinisierenden Substantivierung -enz versehen. Der eigentliche Bedeutungshindergrund – Kamelkleidung – ging verloren, auch weil in Folge des damals einsetzenden Treibhauseffekts die süddeutschen und österreichischen Kamele mehr und mehr auf Kleidung verzichteten.

Möglicher Hergang des Bedeutungswandels


"Eam sei Kamelgwand schaug o! Des is fei a Fetzn, a kreitzschiacher!"(Übersetzung: "Ihm sein Kamelkleid betrachte! Das ist, imho, ein Fetzen, ein kreuzhäßlicher!")

Bäuerliches Zwiegespräch angesichts eines geschmacklos gekleideten Kamels (siehe oben), zur Zeit des schmalkaldischen Bundes


"ecce kameloquentiam suum deformitam! ceterum censeo panniculus est!"(Übersetzung: "Eam sei Kamelgwand schaug o! Des is fei a Fetzn, a kreitzschiacher!")

Spitzfindiges Zwiegespräch zweier wohlhabender Bildungsbürger im Raum Dingolfing, etwa zur Regierunszeit Maximilian I.


"Er redt fei scho sehr kameloquent, daat i sogn..."(Übersetzung: "Er ist sehr beredt, sollte man meinen...")

Bäuerliches Zwiegespräch im Raum Dingolfing; respektvoller Kommentar zur obigen Äußerung.


"Die dritte Biersteueranhebung in einem Jahr den Untertanen ihrer friedliebenden jungfräulichen Majestät schmackhaft zu machen, dürfte selbst die Kameloquenz unseres hochgelahrten Schatzkanzlers übersteigen...")

Zitat einer Passauer anonymen Spottschrift zur desolaten Lage des Haushalts, ca. 1660

Kameloquenz heute

Eine gewisse Kameloquenz ist heute essentiell. In Zeiten, von Pisa-Desaster und allgemeiner Durchjauchung ist nur gesellschaftsfähig, wer druckreif. Sprich't. Aber das ist nicht so schlimm, wie sich's an hört. Weil was ist heut zu Tage schon druck reif? Jeder Halb-Idiot, der schonmal was von Konjunktiv gehört, hat schreibt sich seins zurecht bei SPIEGELBILD ONLINE. Kameloquenz ist alles!

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