Syllogistischer Sommertraum
Heute, liebe Kinder, hört ihr nicht die lichtlose Geschichte von der lieben Katharina, wie sie einst mit ihrer werten Frau Mutter einkaufen ging, sondern das aristotelische Märchen von der Ersten Analytik.
Prolog[<small>bearbeiten</small>]
Eure liebe Tante zu Oldenburg, der es ob der sommerlichen Temperaturen etwas feucht in ihrer Stola ward, hat nachfolgende Erzählung niedergeschrieben, um euch Halblinge mit etwas Weisheit zu segnen, damit ihr euren Eltern fürderhin etwas mehr Taschengeld aus den Rippen schütteln könnt.
Begonnen sei dies Geschichtlein also mit dem Satz vom schnöden Mammon:
Ein junges Mädchen, wir wollen es der Form halber "Barbara" nennen, hatte in einem lichten Moment begonnen, über die Kontingenz nachzudenken, sich ein kleines Pferdchen zuzulegen, damit es darauf reiten könne. Ihre garstigen Eltern aber waren der Meinung, dass zwei Goldhamster und ein Wellensittich wohl genügen müssten, um die Barbara hinreichend zufrieden zu stellen. Da ward Barbara sehr schnell sehr unglücklich und trat in einen Hungerstreik. Jeden Tag zum Abendbrot schrie sie mit geifernder Zunge: "Ich esse meine Suppe nicht! Nein, meine Suppe ess ich nicht!"
Doch ihre Bemühungen schlugen kläglich fehl. Halbtot vor Hunger, aber dennoch von dem Wunsche beseelt, ein eigenes Rösslein zu besitzen, begann sie sogleich, diejenigen Folgerungsbeziehungen zwischen Sätzen zu überprüfen, die aus rein formalen Gründen gültig sind. So vergingen dann Tage und Wochen, ehe Barbara endlich die Konsistenz zweier Prämissen herstellen konnte, die in eine wahre Konklusion mündeten. Mit lauter Stimme schleuderte sie ihren Eltern sodann ihre Prämissen entgegen:
Alle Kinder brauchen mehr Taschengeld. Barbara ist ein Kind. Also braucht Barbara mehr Taschengeld!
Und siehe, die lange Zeit des Lernens und des Vielosoffierens hatte sich bezahlt gemacht. Von der Virtuosität ihrer deduktiven Beweisführung verzückt, stellte man ihr die monetären Mittel zum Erwerb eines eigenen Pferdes zur Verfügung. Und siehe, Barbara konnte sogar noch einen koscheren Stallburschen anheuern.
Der Satz von der widerspenstigen Zähmung der Acne vulgaris:
Als Barbara eines Tages über die grünen Auen ihres Dorfes galoppierte, begegnete sie ihrem Freund Celarent, der gar sehr traurig ward über die vielen Pickel, die sich so ungehalten in seinem Antlitz vergnügten. "Barbara, ich bin sehr traurig wegen der vielen Pickel in meinem Antlitz!", sprach er zu ihr - und weinte bittere Tränen. Da rief Barbara: "Sei nicht traurig wegen der vielen Pickel, die dir einen so betrüblichen Ungemach bereiten!" Denn, so fuhr sie beschwichtigend fort:
Kein Mensch ist hässlich und jeder Pickel ist menschlich also ist kein Pickel hässlich.
Da stieg Celarent himmelhoch jauchzend auf die Barbara und sie ritten selig von dannen.
Epilog[<small>bearbeiten</small>]
So, liebe Kinder, und falls ihr erfahren möchtet, welch glorreiche Abenteuer die Barbara und der Celarent außerdem erlebt haben, dann wartet geduldig, bis ihr volljährig seid und fragt die Mama oder den Papa nach einem geeigneten Pronoflim.
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