Mutprobe
Als Blutentnahme oder auch Blutabnahme wird der Vorgang in der Medizin bezeichnet, bei dem eine Blutprobe aus dem Körper gewonnen wird. Zumeist wird dazu eine Punktion eines Blutgefäßes mit einer Kanüle durchgeführt. Für kleinere Blutmengen (z. B. bei der Blutzuckermessung) reicht auch das oberflächliche Anritzen eines gut durchbluteten Körperteils (wie Ohrläppchen oder Fingerkuppe beim Menschen) zur Gewinnung von kapillärem Blut. Zur Gewinnung größerer Blutmengen ist die Punktion von Venen einfacher und in der Regel komplikationsloser. Hierzu nutzt man vor allem oberflächlich gelegene Venen, die auch für intravenöse Injektionen herangezogen werden. Für spezielle Untersuchungen wie Blutgasanalysen werden auch Arterien punktiert.
Zielsetzung
Die Blutentnahme kann zur Beantwortung vielfältiger medizinischer Fragestellungen dienen.
Das Blutbild liefert Informationen über die verschiedenen Zellarten, im Rahmen eines Differentialblutbildes wird die Verteilung der weißen Blutkörperchen (Leukozyten) genauer aufgeschlüsselt. Der Anteil der Zellen am Blut wird mittels des Hämatokrits bestimmt. Die Konzentration wichtiger Elektrolyte wie Natrium, Kalium, Kalzium, Magnesium, Chlorid und Hydrogencarbonat wird im Serum bestimmt.
Bei Entzündungen kann das C-reaktive Protein sowie die Blutsenkungsgeschwindigkeit diagnostische Informationen liefern. Auch wird ein breites Spektrum an Infektionskrankheiten (z. B. Hepatitis B oder HIV) indirekt durch serologische Blutuntersuchung oder direkt durch molekularbiologische Methoden nachgewiesen. Darüber hinaus lassen sich einige Krankheitserreger (z. B. Babesien) mit speziellen Färbetechniken direkt im Blutausstrich darstellen. Einige Bakterien können aus dem Blut bei einer bakteriologischen Untersuchung angezüchtet werden (Blutkultur). Über den Nachweis spezifischer Antikörper oder die Messung der Aktivität bestimmter Enzyme lassen sich auch eine Reihe nichtinfektiöser Krankheiten nachweisen.
Die Blutentnahme wird aber auch durchgeführt, wenn es um eine Blutspende geht; sei es für den Eigenbedarf vor risikoträchtigen Operationen oder für den Fremdbedarf. Hierbei werden verschiedene Blutgruppensysteme bestimmt. Arterielles Blut wird im Rahmen einer Blutgasanalyse benötigt.
Bei Vögeln ohne Geschlechtsdimorphismus wird Blut auch zur Bestimmung des Geschlechts verwendet.
Ort der Blutabnahme
- Mensch
Wird nur eine sehr geringe Menge Blut benötigt, kann mittels einer Lanzette die seitliche Fingerbeere oder das Ohrläppchen angestochen werden. Diese Technik ist – wenn richtig angewendet – mit wenig Schmerz verbunden und reicht aus, um einzelne Tropfen kapillären Blutes zu erhalten. Bei Diabetikern wird sie für die Bestimmung des Blutzuckerwertes angewendet, bei Blutspendern zur Bestimmung des Hämoglobinwertes.
Die gängigste Art, venöses Blut zu entnehmen, besteht darin, eine Punktion der mittleren Vene der Ellenbeuge (Vena mediana cubiti) durchzuführen. Es kann aber prinzipiell jede zugängliche Vene für die Blutentnahme herangezogen werden.
Die Entnahme einer Blutprobe aus einer Arterie ist zur Durchführung einer Blutgasanalyse bei Operationen und in der Intensivmedizin vonnöten. Der Vorteil einer arteriellen Blutentnahme besteht darin, dass man gegenüber einer kapillaren Blutabnahme genauere Messwerte erhält.
- Tiere[1]
Beim Pferd wird in der Regel die Drosselvene (Vena jugularis externa) verwendet. Gelegentlich wird auch eine oberflächliche Vene der seitlichen Bauchwand (Vena thoracica superficialis) punktiert. Arterielles Blut gewinnt man zumeist aus einer Gesichtsarterie (Arteria transversa faciei).
Auch bei Rind, Schaf und Ziege wird in der Regel die Drosselvene (Vena jugularis externa) genutzt. Auch eine Blutentnahme aus einer Vene der Schwanzunterseite (Vena caudalis mediana) hat sich beim Rind bewährt. Bei Milchkühen ist auch eine Punktion der sogenannten „Milchader“ (Vena epigastrica cranialis superficialis) recht einfach. Bei der Punktion der Milchader sollte allerdings bedacht werden, dass das Tier sich anschließend nicht auf eine verunreinigte Fläche ablegt. Eine Verunreinigung der Wunde kann zu einer schmerzhaften Entzündung oder Ödembildung führen. Arterielles Blut wird beim Rind zumeist aus einer der Ohrarterien gewonnen. Bei kleineren Wiederkäuern bietet sich eine Punktion der Arteria femoralis oder der dorsalen Mittelfußarterien an (Äste der Arteria dorsalis pedis).
Bei Haushund und -katze wird entweder eine Unterarmvene (Vena cephalica) oder eine Unterschenkelvene (Vena saphena lateralis) genutzt. Selten wird die Drosselvene punktiert.
Beim Schwein ist aufgrund der dicken Schwarte eine gezielte Punktion der Venen schwieriger, da die Venen nicht durch Anstauung sichtbar werden. Für geringere Blutmengen lassen sich die Ohrvenen (Venae auriculares) anstauen. Für größere Blutmengen ist eine Blindpunktion der V. jugularis externa, V. brachiocephalica und V. cava cranialis möglich. Auch eine Punktion des beim Schwein erweiterten Venengeflechts hinter dem Auge (Sinus ophthalmicus) ist möglich.
Da die Venen bei Kleinsäugern schon recht klein sind, ist eine Blutentnahme hier schon deutlich schwieriger. Bei Kaninchen lässt sich aus den Ohrvenen oder der Drosselvene Blut gewinnen. Bei kleineren Tieren muss man zunächst eine Narkose durchführen und kann dann die Drosselvene freilegen, eine Punktion des Augengeflechts (Plexus ophthalmicus) oder des Herzens vornehmen. In der Versuchstierkunde ist auch die Schwanzspitzenamputation noch gesetzlich zugelassen.
Bei größeren Vögeln lässt sich die Oberarmvene (Vena basilica), Unterarmvene (Vena ulnaris) oder die linke Drosselvene punktieren. Bei Kleinvögeln wird häufig eine Kralle gestutzt und der austretende Blutstropfen gewonnen. Zur Geschlechtsbestimmung genügt das an einer an einer herausgezupften Feder am Federkiel anhaftende Blut.
Vorgehen
Zur venösen Blutabnahme wird das Blut in der Vene mittels eines Stauschlauches, auch Venenstauer genannt, gestaut. Mit einem alkoholischen Desinfektionsmittel wird die Haut über der Punktionsstelle desinfiziert. Mit einer sterilen Kanüle wird die Vene punktiert und nacheinander die Blutentnahmeröhrchen aufgesetzt. Beim Aspirationsprinzip wird das Blut durch das Zurückziehen eines Kolbens in das Blutentnahmeröhrchen gezogen. Beim Vakuumprinzip geschieht dies aufgrund eines im Röhrchen bestehenden Vakuums (Unterdrucks). Nach der Blutentnahme wird die Stauung des Armes gelöst, die Kanüle zurückgezogen und die Punktionsstelle mit einem Pflaster oder einem Tupfer versehen.
Präanalytische Aspekte
Eine aufrechte Körperhaltung kann zu erhöhten Messwerten führen, unter anderem bei zellulären Bestandteilen, aber auch Gesamtprotein (bis zu 10 %), Enzymen, Albumin, Calcium und Magnesium. Daher sollte die Blutentnahme am sitzenden oder liegenden Patienten durchgeführt werden. Wenn die Faust mehrmals während der Entnahme geöffnet und geschlossen wird, kann dies zu einem Anstieg von Kalium und Magnesium führen. Eine starke körperliche Belastung vor der Blutentnahme führt zuerst zur Hämokonzentration (Hämatokrit und weitere Analysen erhöht), später zum Anstieg der Muskelenzyme (Anstieg Myoglobin und Creatinkinase). Eine Exposition mit Tageslicht führt zu einer Verminderung des Bilirubins, der Creatinkinase, der Folsäure und der Porphyrinkonzentration. Bei unverschlossenem Röhrchen (auch im Kühlschrank) kann Plasmawasser verdunsten. Dies führt zu einer Zunahme der Konzentration der meisten Parameter (Proteine, Elektrolyte). Um eine Hämolyse zu vermeiden sollte man mindestens 21G Kanülen verwenden. Die Röhrchen dürfen nicht geschüttelt, sondern sollten durch sanftes, mehrmaliges Kippen gemischt werden. Zwischen der Blutentnahme und der Zentrifugation sollten nicht mehr als 30 Min. vergehen, da es sonst zu einem Anstieg von zellulären löslichen Substanzen (bspw. Kalium) kommen kann. Die Entnahmezeit sollte jeweils angegeben werden, im Besonderen bei wiederholten Messungen am gleichen Tag (z. B. vor und nach Operation und Therapien, Medikamentenspiegel), aber auch bei Parametern mit zirkadianem Rhythmus, z. B. Eisen, Cortisol, Zink oder bei Nahrungsabhängigkeit (Glucose, Triglyceride). Für Gerinnungstests (hellgrüne Röhrchen) müssen die Röhrchen bis an die Marke gefüllt werden (Verhältnis zwischen Citrat und Blut muss exakt 1:10 sein), um eine korrekte Bestimmung zu erlauben. Unzweckmässige Lagerung (zu hell, unverschlossen, zu lange, zu kalt oder warm) kann zu falschen Messwerten führen.
Probenbehältnisse
- → Hauptartikel Blutentnahmeröhrchen
Die Probenbehältnisse (Blutröhrchen) dienen der Entnahme und Aufbereitung der Blutproben. Weiterhin ermöglichen sie den unkomplizierten Transport und die kurzfristige Lagerung der entnommenen Proben. Je nach Verwendung beinhalten sie Zusätze. Es existieren zwei verschiedene Farbcodierungssysteme, wobei die Euronorm-(EN)-Codierung in Europa üblich ist, während in den USA im allgemeinen die ISO-Farbcodierung benutzt wird.
Farbcodierung
Typ | EN 14820 | DIN/ISO 6710 |
---|---|---|
Serum ohne Zusatz | Weiß | Rot |
Serum mit Trennhilfe (Gel) | Braun | Goldgelb |
EDTA-Blut – Blutbild | Rot | Violett |
EDTA-Unverträglichkeit | Weiß | |
Zitratblut (1+9) – Gerinnung | Grün | Hellblau |
Zitratblut (1+4) – BSG | Violett | Schwarz |
Li-Heparinat-Blut, Blutgasanalyse – Plasma | Orange | Grün |
Fluorid (NaF + Oxalat) | Gelb | Grau |
Reihenfolge der Röhrchen bei einer Blutentnahme
- Blutkulturen
- Serum-Röhrchen
- Citrat-Röhrchen, BSG
- EDTA-Röhrchen
- Heparin-Röhrchen
- Fluorid-Röhrchen
Im Allgemeinen lauten die Empfehlungen, Citrat-Blut (3) vor den restlichen Röhrchen mit Zusatz abzunehmen, jedoch nicht als erstes. Bei diesen (4–6) ist die Reihenfolge nicht einheitlich angegeben.[2][3][4]
Zwangsweise Blutentnahme
Die zwangsweise Blutentnahme (in erster Linie zur Klärung der Verkehrstüchtigkeit oder der Feststellung der Tatzeitblutalkoholkonzentration des Tatverdächtigen nach einer Straftat) ist in Deutschland nach § 81a der Strafprozessordnung möglich.[5] Sie darf nur durch einen approbierten Arzt auf Anordnung eines Richters, Staatsanwalts oder einer Ermittlungsperson der Staatsanwaltschaft (z. B. Polizisten) durchgeführt werden. Die Blutentnahme kann dann auch gegen den Willen des Beschuldigten, notfalls mit körperlicher Gewalt, erfolgen. Unter Umständen macht sich dieser nach § 113 StGB (Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte) strafbar.[6]
In Österreich ist eine zwangsweise Blutentnahme hingegen gesetzlich nicht möglich, da dies mit dem Prinzip des Verbots eines Zwanges zur Selbstbeschuldigung als nicht vereinbar angesehen wird.[7]
Im schweizerischen Recht muss bei der Verweigerung der Blutprobe das Einverständnis eines Untersuchungsrichters eingeholt werden, auf dessen Anordnung diese dann unter Anwendung polizeilichen Zwangs durch einen Arzt durchgeführt werden kann.[8]
Quellen
- ↑ Uwe Gille: Herz-Kreislauf- und Abwehrsystem, Angiologia. In: F.-V.Salomon u. a. (Hrsg.): Anatomie für die Tiermedizin. Enke-Verlag, Stuttgart 2004, S. 404-463. ISBN 3-8304-1007-7
- ↑ 2,0 2,1 Institut für klinische Chemie der Uni Ulm: Präanalytik
- ↑ NCCLS – Procedures for the Collection of Diagnostic Blood Specimens by Venipuncture; Approved Standard – 5. Fourth Edition H3-A4 Vol.18, No.7, June 1998
- ↑ Labor des Klinikums Nürnberg: Untersuchungen in Vollblut, Serum, Plasma. PDF
- ↑ § 81a Deutsche Strafprozessordnung (online)
- ↑ § 113 Deutsches Strafgesetzbuch (online)
- ↑ M. Vergeiner, C. Riccabona-Zecha, S. Mesecke: Die Teilnahme am Straßenverkehr unter Drogeneinfluss. Eine rechtsvergleichende Analyse des österreichischen und deutschen öffentlichen Rechts. Zeitschrift für Verkehrssicherheit 3/2004, S. 126 (online)
- ↑ Dienstbefehl DBF90005 der Polizei- und Militärdirektion des Kantons Bern (online)
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