Räterepublik
Eine Räterepublik ist genauso theoretisch Sache des Volkes wie andere Republiken auch. Am nächsten dem Ideal der "res publica" (Sache des Volkes) kommt stets die anarchistische Räterepublik, deren Lebensdauer erfahrungsgemäß sehr begrenzt ist. Die Pariser Kommune war, nomen est omen, nur eine Kommune gewesen mit begrenzter sexueller Freizügigkeit: Jeder Anarchist hatte einen Schuss frei, dann kamen die Pariser. Die Anarcho-Räterepubliken Klein-Machnow und Bürgerkriegsspanien waren ein Pups der Geschichte, weggefurzt aus der Macht von IHNEN bzw. ihrer Inkarnation als die ideologielastigen Bolschewiki Lenins und Stalins, die selber ihre eigene ideologie- statt volksgesteuerte Räterepubliken-Gemeinschaft namens Sowjetunion, zu Deutsch Räte-CDU/CSU gegründet hatten, eine reine, planwirtschaftlich organisierte Parteien-Bürokratur unter totaler Führung eines vergötterten Parteivorsitzenden der Kommunistischen Führungsmacht. Ähnlich wie im Papsttum kam es im Kommunismus bald zur Aufspaltung, weil sich Führer des Weltkommunismus bald in Moskau (Lenin, Stalin, Gorbatschow), Peking (Mao) und Belgrad (Tito) anboten. Das war wie die bis zu drei Päpste im Schisma der westlichen Kirche des Mittelalters. Mit Verkleinerung des sozialistischen Weltmachtblockes sind es heute bisweilen wieder 3 Führer wie weiland Fidel Castro, Hugo Chávez und Kim Jong-Un.
In Deutschland gab es durch die Novemberrevolution, die den ersten Wurstkrieg beendete, eine Art Paralleluniversum für eine Räterepublik gleichzeitig mit einer konventionellen repräsentativen Demokratie, die wiegesagt auch nicht ganz Sache des Volkes, sondern auf Dauer jedenfalls tendenziell eher Sache der Lobby ist. Die Arbeiter- und Soldatenräte funktionierten ganz gut, da die Deutschen durch ihr Vereinswesen gut im Organisieren sind, aber es boten sich ihnen auch Führer an, Rosa Luchs-Borg, Karl Liebesknochen und der Gründer des Freistaat Bayern Kurt Eiscreme. Da alle drei frühzeitig ermordet wurden, war nicht klar, ob die deutschen Kommunisten einen moskauhörigen oder einen eigenen Weg gehen würden, weshalb die Parallelgesellschaft der parallel existierenden SPD-dominierten repräsentativen Demokratie die Räterepubliken unterwanderte und vorsichtshalber von "Freikorps" niederschießen ließ und damit beendete. Schließlich wollten aber im Kapp-Putsch die Nacktsoldaten des Freikorps selber die Macht ergreifen. Zum ersten und einzigen Male in der Geschichte machte das deutsche Volk die Demokratie zu seiner Sache, zur "res publica", und machte durch einen Generalstreik dem Putsch gegen die repräsentative Demokratie der Weimarer Republik ein Ende.
Ähnlich der Räterepublik ist die sogenannte konsensorientierte Basisdemokratie. Eine solche funktionierte lange Jahre bis zur Revolution der Siedler 1776 in Nordamerika. Genuin basisdemokratisch funktionierten die Vereinten Nationen der Irokesen, dem direkten Vorläufer der USA. Es musste immer Einstimmigkeit erzielt werden in allen Palavern dieser Prä-USA. Als einmal eine ganze Stammes-Delegation wegen Krankheit ausfiel, war die Föderation beschlussunfähig und ging in den Bürgerkriegswirren unter. Leider kein Witz, sondern echt irokesische Ironie der Geschichte, die aber beweist, dass für so eine Art total konsensierte Basisdemokratie die alte Weisheit gilt: Der Krug, der geht solange zum Brunnen bis dass der Henkel bricht!
Dennoch versuchen heute Gruppen wie die Piratenpartei Basisdemokratie internet-basiert neu zu etablieren, jedoch beansprucht Wolfgang Schräuble das Uhrheberrecht auf den von den Piraten dafür genutzten Begriff liquid democracy (zahlungsfähige Demokratie) wegen seine angeblich erfolgreichen Sparpolitik. Aber darüber bahnt sich nun ein Konsens an, indem liquid democracy einfach umdefiniert wird zu feuchtfröhlichen Volks-Zusammenkünften wie dem Oktoberfest, bei denen nicht der Konsens, sondern das anarchistische Chaos durch die große Bierzelt-Schlägerei das höchste der Gefühle ist.