Nachtleben
Die Katze hat neun Leben, die Nacht nur eines, dafür aber das einzige, das ewig ist. Da die Menschen die Erde in 24 Weltzeitzonen eingeteilt haben, in denen nacheinander binnen 24 Stunden jeweils der Wechsel von Nacht zum Tag und zurück stattfinden soll, muss die Nacht rastlos in der behördlich vorgeschriebenen Reihenfolge die Zeitzonen durchschreiten. Dies soll der regelmäßigen Erholung der Menschen in nächtlichem Schlaf dienen, um dem Kapitalismus regelmäßig deren Arbeitskraft zu regenerieren. Die Nacht befolgt die Weltzeitverordnung der Menschen, schert sich im Detail aber nur grob um die Vorschrift, was zur Folge hat, dass am Nord- und am Südpol nur einmal Nacht ist, während übrigen Gebieten der Welt 365 mal Nacht ist, soviel wie ein Jahr der Menschen Tage hat. Womit es aber nicht 365 Nächte hat, sondern nur die eine ewige Nacht, die alle 24 Stunden wiederkehrt, und an den Polen einmal im Jahr, allerdings bei den Polen 367 mal, denn durch Lichterscheinungen von Johannes Paul II. und der heiligen Jungfrau von Tschenstochau gibt es in Polen 2 Tage mehr pro Jahr, in Betlehem in Palästina sind es 366 Tage durch das jährliche Festival der himmlischen Heerscharen.
Die Fakten über das Leben der Nacht liegen vollständig im Dunkeln. Fachleute sprechen diesbezüglich von einer "dunklen Materie". Nur Genies haben ungefähr eine Vorstellung davon, so etwa Wolfgang Amadeus Mozart, welcher als Juror einmal die Gattin der Nacht, die Königin der Nacht bei einem Casting hören durfte und ihr daraufhin eine Arie auf den Leib schrieb. Mehr als dass die Nacht eine vorlaute Verwandtschaft hat weiß die Menschheit seitdem nicht über die Nacht, aber das weiß sie durch Mozarts Arie immerhin auf sehr eindrückliche Weise.