Volkszorn
Volkszorn, der … UN-gerechte, ist in einer guten Demokratie so etwas wie ein Jahrmarkt und Wettbewerb der kakophonen Volksmusik. Wenn sich früher – also in den finsteren Zeiten vor der Diktatur – ein Volkszorn entlud, dann wurde es immer blutig, es rollten Köpfe und die Bourgeoisie musste mächtig um ihr Fell zittern. Seit der Domestizierung des Volkszorns in einer so zivilisierten Gesellschaft wie der jetzigen, ist aber alles zu Best geregelt und der Volkszorn eine wenig bedenkliche Spielart der sich per Kreuz an der Wahlurne selbst machtlos gemacht habenden Gemeinheit.
Heute darf jeder frank und frei seine Meinung herausschreiben und seinem Unmut lauthals Luft verschaffen. Nur möge er dies bitte nicht innerhalb der Bannmeile tun, weil dort die Volkslenker von derlei Geschrei gestört werden könnten. An allen anderen Plätzen hört das sowieso keine Sau und deshalb ist das auch nicht so schlimm. Im Rahmen des Volkszorns ist Gewalt allerdings nicht mehr erlaubt, allenfalls für diejenigen, die zu laut Artikulierende mal von Berufswegen ein wenig zusammenknüppeln müssen.
Ähh, jeder, frank und frei? Nee, nee, das war gestern! Vor jedem Treffen mit mehr als zwei Leuten unbedingt vorher bei der Polizei anmelden, weil dass sonst eine ungenehmigte Versammlung ist. Bei weniger als 3 Leuten ist es allerdings eine Verschwörung und noch gefährlicher. Macht aber nix, weil der Pöbel das ja auch einsieht, dass allein seine Anwesenheit eine Staatsgefährung ist. Also lassen wir den Volkszorn von den GEZahlten Sendern und dazu schön moderiert, in Szene setzen und alles ist tutti.
Eigentlich ist der Volkszorn ja sowieso eine recht anachronistische Sache und gar nicht mehr zeitgemäß, da das Volk mehr und mehr auf seine Verbrennung Erleuchtung zumarschiert und kurz davor steht die völlige Meinungsfreiheit zu erlangen.
Siehe unbedingt: Wie kann ich ein anständiger Bürger werden? oder doch besser Verbrecherstaat