Lebenslauf
Der Lebenslauf ist eine Art Marathon mit unvorhersehbaren Hürden und ein verbreitetes Spiel bei belebter Materie („Lebewesen“).
Je nachdem, wie geschickt sich ein Lebensläufer schlägt, erwirbt er Kompetenzen, die ihm beim Einsammeln von Glückspunkten dienlich sind. Die einzelnen Level (Kindheit, Jugend, Erwachsenenalter, Alter) werden nach dem Zufallsprinzip mal mehr und mal weniger schwierig gestaltet. Gleiches gilt für die Verteilung der Pechpunkte, die es mit den Glückspunkten zu neutralisieren gilt.
Wird der Weg eines Spielers chronologisch aufgelistet, kommt eine höchstindividuelle Zusammenfassung eines Lebens dabei heraus. Meist geschieht die Auflistung anhand der erworbenen Kompetenzen, weil das schmeichelnder zu lesen ist als eine Liste der gemachten Fehler und Dummheiten, anhand derer sich das Leben ebenfalls skizzieren ließe. Je nach Persönlichkeit kann solch eine Chronologie, auch Werdegang genannt, sehr unterschiedlich aussehen.
Es folgen Fallbeispiele, wie ein solcher Lebenslauf aussehen kann.
Lebenslauf eines Massenmörders
Wie alles anfing
Kaum wurde Kuno drei, |
Kuno wurde schließlich Sieben, |
An Kunos elftem Jahrestag |
Mit Fünfzehn gab's ein Missgeschick, | |
~~~~~ Möchtest du Kuno nicht begegnen, solltest du dich rasch hinfort begeben. ~~~~~ |
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Wie es mit Kuno weiterging
Den Friedhof, den hast Du geseh'n, |
Kuno, 19, dann beim Bund, |
22, jetzt zu zweit |
Auf 24 Lenze kam |
Lebenslauf eines Nerds
Kindheit: Eine Katastrophe
Bis zum 3. Lebensjahr verlief alles ruhig. Ich hatte gelernt bis 1000 zu zählen und alle Erbsen auf den Tellern gleich zu verteilen, Reiskörner dito. Ich zählte außerdem Dachziegel, Pflastersteine, Kieselsteine, Suppenlinsen, Maschenzaunmaschen, Gartenheckenblätter, Rauhfasertapetenhubbel und noch viel mehr. Außerdem lernte ich addieren, subtrahieren, multiplizieren und dividieren, leider nur von positiven Ganzzahlen. Dann gab es nämlich einen furchtbaren Einschnitt in meinem Leben, der mich in der mathematisch-wissenschaftlichen Erfassung der Welt etwas behinderte.
Am 1117. Tag meiner Existenz kam ich in den Kindergarten. Es war der Abgrund. Mit einem Mal war ich von lärmenden, rein affektiv gesteuerten Individuen umgeben. An Rückzug war nicht zu denken, denn das Wachpersonal ließ das nicht zu. Dieses bestand aus 5:1 Frauen und Männern, die sich genauso emotional übersteigert verhielten wie die Insassen und die pausenlos nicht zu unterbietenden Unsinn redeten. Letzterer fand zu 97,37% in der Wir-Form statt (obgleich sie jeweils alleine sprachen!), wohl um den Insassen die gleichen hirnerweichenden Ideen und abstrusen Folgerungen zu indoktrinieren zu versuchen. Anschauungsbeispiel (Zitat): «Soooo, dann wollen wir mal das Krepp-Papier wieder schööööööön zurück auf den Basteltisch legen und husch-husch in den Stüüühlchenkreis kommen. Sven-Noah ist diesmal unser Dornröööschen und Laura-Annalena spielt die böööse Hexe - huuiiiiii!!! Und wir, wir wollen dazu singen und sooo unserem liiieben Dornröschen helllffen.»
Schulzeit: Reine Katastrophe
Nachdem ich 3 Jahre lang mit albernen Gruppenspielen traktiert wurde und das Gekreische seltsam degenerierter Artgenossen ertragen musste, kam ich endlich in die Schule. 73 von 73 Personen hatten zuvor behauptet, dass man dort etwas lernte. Trotz der empirischen Nichtsignifikanz dieser Aussagen entwarf ich die These, dass dies u.U. teilweise zutreffen könne und wagte es, mich ein wenig darauf zu freuen. Meine Folgerung erwies sich als fatal. Obwohl die Mitinhaftierten jetzt ein höheres Alter als im Kindergarten hatten, nahmen demgegenüber deren Verhaltensauffälligkeiten exponentiell zu - und zwar kontinuierlich - und gipfelten in der s.g. Pubertät (ohne Worte). Mangels Relevanz möchte ich die „fachlichen“ Inhalte dieser unnötigen Phase nur in Schlagworten exemplarisch skizzieren:
- Grundschule: Buchstaben und Ziffern malen, langweiliges „Rechnen“ mit Ganzzahlen bis 100 (da gibt’s nichts zu rechnen), durch Lupe glotzen, schwachsinnige Fragen zu Bildergeschichten beantworten («Was machen Udo und Lena?» – «Udo und Lena malen.» <> Großartige Erkenntnis). Um die Zeit zu füllen brachte ich mir selber derweil heimlich etwas Bruchrechnen bei (1/2 Semmel + 2/4 Semmelstücke = 1 Ganzsemmel und dem Zauselbart da vorne semmel ich auch gleich eine).
Immerhin: Während die Anderen gerade „Durchaufgaben“ kennenlernten, beschäftigte ich mich einmal näher mit den Zahlen, die mir früher schon auffielen: denen, die sich nur durch Eins und sich selber teilen lassen. Ich liebte sie, weil sie sich durch niemanden und nichts kleinkriegen ließen, jedenfalls nicht ganzzahlig. Schnell hatte ich sämtliche dieser Zahlen bis zur Zehnmillionengrenze erfasst, irgendwie musste ich mich ja beschäftigen. Dass sie Primzahlen heißen und angeblich bislang keine verlässliche Formel gefunden wurde, um sie schnell und einfach herauszubekommen, war mir dabei gar nicht klar.
- Gymnasium: Mathe nur absoluter Anfängerkram: Analysis, Lineare Algebra, Analytische Geometrie, Stochastik; Informatik auf Babyniveau: Algorithmen, relationale Datenbanken, prozedurales und objektorientiertes Programmieren. Während die Anderen bei anspruchslosen Programmieraufgaben schwitzten, hackte ich mich ins Kultusministerium ein, um den Lehrplan etwas anspruchsvoller zu gestalten. Genutzt hat es nichts, meine Änderungen wurden offenbar gar nicht bemerkt. Um der Unterhaltungssucht trivialer Naturen, welche diesem Bericht bis hier hin gefolgt sind, Genüge zu tun und das Nichterwähnenswerte weiter zu erwähnen: Neben einer Reihe anderer unwesentlicher Fächer gab es noch
- Deutsch – gewonnene Erkenntnis: Werke „berühmter“ Dichter und Literaten zeichnen sich dadurch aus, allgemeinverständliche Dinge unverständlich auszudrücken.
- Biologie – Innenansichten einer stinklangweiligen Spezies, die schon von außen schwer erträglich und zudem völlig verbugt ist.
- Geschichte – eine Schichtung sich stetig wiederholender vorhersagbarer Ereignisse.
- Latein – „Romani ite domum!“ Leider hilft das nichts, die alten Römer geistern trotz ihres Ausgestorbenseins weiterhin herum.
Studium: Kleine Katastrophe
Etwas Erleichterung verschaffte mir das anschließende Studium der Ingenieursinformatik. Humanoide Umgebung: etwas erträglicher. Man sprach nur das Nötigste und das in verständlicher Form (in mathematischen Formeln und Algorithmen). Diplom (1,0), Titel: „Deskription von Elgamal-Verschlüsselungsverfahren durch schnelle Berechnung diskreter Logarithmen“ *. Preise, Ehrungen, Nobelpreis, Morddrohungen, Medienrummel.
Angehende Nerds können sich diesbezüglich an den kryptischen Wikipedia-Artikeln zum Thema erquicken: [], []
Aktuell: Keine Katastrophe
Endlich Erfüllung: Abtauchen in den Untergrund fernab menschlicher Erbärmlichkeit.
Wissenschaftliche Veröffentlichungen unter wechselnden Pseudonymen.
Tätigkeit für verschiedene Geheimdienste (Informationsbeschaffung und -manipulation).
Entwicklung und Wartung einer hochkomplexen Matrix-Architektur namens „Real Life“.
Höchste Ehrenauszeichnung 27.08.2012: Erwähnung in der Kamelopedia.
Tabellarischer Lebenslauf
Wie wir auch hier wieder gesehen haben, sind die Lebensläufe unterschiedlicher Personen genauso einzigartig, spannend, interessant und vielfältig wie sie selbst. Trotzdem wird seltsamerweise immer wieder der sogenannte „tabellarische Lebenslauf“ verlangt. Dabei ist dessen Lektüre alles andere als interessant oder spannend:
- Die Tabelle wird geboren, indem jemand senkrechte und waagerechte Linien zeichnet.
- Nun krakelt jemand etwas zwischen diese Linien.
- Jetzt wirds spannend, Trommelwirbel: Manchmal bekommt die Tabelle noch einen Rahmen drum herum! Damit nicht genug: Wann der gemacht wird, kann variieren! Manche Tabellen sind Rahmengeburten, da erfolgt der Rahmen sogar zu allererst!
- Das Highlight aber kommt noch: Manchmal werden die so entstandenen Kästchen der Tabelle tatsächlich auch noch farbig hinterlegt!!! Auch der Zeitpunkt dieser Aktivität kann variieren!!!
Der Lebenszweck der Tabelle ist das Aufbewahren und Übersichtlichmachen von sogenannten „Inhalten“. Das ist das besagte zwischen die Linien gekrakelte Zeug. Dieses Zeug nun kann ebenfalls und im höchsten Maße variieren, seine Aussagen sind manchmal sogar interessant, ja mitunter regelrecht verblüffend. Doch das Reingekritzelte gehört leider nicht direkt zur Tabelle. Die kann nur geduldig hinnehmen, mit diesem gefüllt zu werden, ob es ihr nun passt oder nicht. Ihre einzige Waffe ist die Begrenzung ihrer Kästchen. Damit hat sie schon so manch einen noch so wortgewaltigen Feind besiegt. Doch seit es Tabellen-Malprogramme wie Excel gibt, ist damit auch Schluss: Seither haben Tabellen flexible Kästchengrößen!
Das wars auch schon das ganze Geheimnis des tabellarischen Lebenslaufs. Mehr Erzählstoff würde man allenfalls erhalten, wenn die Tabelle inzwischen weggeworfen oder gelöscht wurde, dann könnte man die Wegwerftechniken jetzt noch einmal nähere erläutern. Sie unterscheiden sich allerdings wenig von den Wegwürfen anderer Zettel oder Dateien.
Sollte das nächste Mal wieder ein tabellarischer Lebenslauf verlangt werden, wissen SIE jetzt Bescheid.
Nicht zu verwechseln mit: Der Lauf des Lebens | Um sein Leben laufen
[]Mörder | Massenmörder | Splatter | Hacker | Nerd | Geek
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